Mein Weg zur Freiheit

Mein Weg zur Freiheit

Religion war bei uns zuhause nie ein Thema. In der Schule hatten wir zwar Religionsunterricht. Aber viel gelernt haben wir dort nicht. Im Alter von ungefähr 10 Jahren habe ich mich jedoch ernsthaft gefragt wozu ich überhaupt lebe, was der Sinn des Lebens ist. Ich sagte mir z.B.: "Wenn ich mir aus meinem Taschengeld heute eine Schokolade kaufe und die dann esse, dann ist das Geld weg und die Schokolade auch und einige Minuten später auch das Vergnügen. Morgen bringt es mir gar nichts, dass ich heute Schokolade gegessen hab. Ob ich heute welche hatte oder nicht ist morgen egal. Morgen ist eben morgen. Oder ob ich mich gestern riesig vergnügt hab oder traurig alleine zuhause gesessen habe, spielt heute keine Rolle. Es bringt mir heute nichts. Ich habe heute dennoch wieder das Verlangen einen lustigen Tag zu verbringen oder etwas Leckeres zu essen, egal wie viele leckere Sachen ich gestern gegessen habe.
Es bringt also eigentlich gar nichts wenn ich mir heute Schokolade kaufe, weil es morgen keine Rolle mehr spielt. Aber wenn ich das Geld spare und mir später etwas grösseres damit kaufe, spielt das eigentlich auch keine Rolle, weil diese Momente ja auch vorbei gehen. Und ob ich einen traurigen Tag oder einen schönen verbringe spielt morgen schon keine Rolle mehr. Was macht es dann für eine Unterschied ob ich ein mieses Leben führe oder ein tolles ? Irgendwann bin ich sowieso tot... Es ergibt einfach alles keinen Sinn.. "
Nicht das ihr jetzt denkt, ich wäre ein depressives Kind gewesen. Nein, überhaupt nicht. Aber ich habe mir halt einfach so Gedanken gemacht. Hab auch viele Erwachsene gefragt nach dem Sinn des Lebens. Es konnte mir aber niemand eine Antwort geben. Meine Eltern glauben an die Wiedergeburt. Aber darüber wolle ich mir keine Gedanken machen. Was sollte ich mit mehreren Leben, wenn ich noch nicht einmal den Sinn eines einzigen herausgefunden habe ?? Ich fragte auch viele Leute, was nach dem Tod mit dem Menschen geschieht. Ja, ja. Das mit der Wiedergeburt... Ansonten hörte ich immer etwa das gleiche: "Niemand kann wissen, was nach dem Tod kommt, da noch nie ein Toter zurückgekehrt ist..." So habe ich irgendwann aufgegeben und mir gesagt, dass sie wohl recht haben und es weder einen Sinn im Leben gibt, noch jemand wissen kann, was nach dem Tod kommt.

Aber in vielen Momenten im Leben ist dieses Gefühl, dass alles einfach keinen Sinn macht, wieder zurückgekommen. Es hat mich jeweils traurig und irgendwie auch wütend gemacht. Ich war wütend, dass ich ein Leben leben musste, dass (anscheinend) keinen Sinn machte.

 

Als ich von zuhause ausgezogen bin (mit 16) und meine Ausbildung begonnen hatte wurde dieses Gefühl schlimmer. Ich erkannte, dass diese Lebensart doch total bescheuert ist: Ich stehe morgens auf und sehne mir den Feierabend herbei. Ich warte Montags bereits aufs Wochenende, damit ich dann irgendwo total aufgetakelt in meinen knallengen Kleidern rumstehen oder sitzen kann und versuche eine tolle Zeit zu haben. Nach wenigen Stunden ist das Wochenende vorbei und alles beginnt wieder von vorne. Und so vergeht Woche um Woche. Monat um Monat. Und später ? Eine Familie und der gleiche Trott ? Montag bis Freitag aufs Wochenende warten. Am Wochenden mit den Kids irgendwo hin und versuchen eine tolle Zeit zu haben. Und dann ist wieder Montag. Paar Wochen im Jahr Urlaub. So vergehen dann die Wochen, die Monate, die Jahre. Irgendwann ist man tot. Und dann ? Ist das alles ? Na toll. Auf diese Sinnlosigkeit hatte ich echt keinen Bock. Manchmal dachte ich an Selbstmord. Äusserlich wirkte alles perfekt. Ich war mittlerweile 18, wohnte in einer "coolen" Wohngemeinschaft, weit weg von meinen Eltern. Hatte "coole" Freunde, sah nicht schlecht aus... Aber innerlich war ich total unglücklich. Ich fühlte mich so leer und einsam, trotz allen Freunden. Das Alleinesein ertrug ich nur sehr schlecht, da mir in diesen Momenten am meisten bewusst wurde, wie sinnlos ich vor mich hin lebte. Deshalb suchte ich immer nach Ablenkung. Musik, Ausgang, Telefonieren, SMS schreiben, tanzen, einkaufen usw. Doch all dies machte mich nicht glücklich. Ich war so oft traurig und wusste nicht einmal wieso. Häufig war ich auch wütend, aggressiv oder depressiv ohne den Grund dafür nennen zu können. Oft sass ich mitten unter den Leuten und fühlte mich einfach alleine. Obwohl ich sehr schlank war, litt ich erst unter Magersucht. Dann wurde daraus Ess-Brech-Sucht (Bulimie). Dies war wohl eine Mischung aus Ablenkungsmanöver (vor der Wahrheit, dass ich endlich den Sinn des Lebens suchen musste) und Ergebnis des Modewahns. Dauernd verglich ich mich mit den ausgehungerten Frauen, die einem von jedem Werbeplakat, von jeder Gratiszeitung, von jedem Musikvideo aus zulächeln. Während ich materiell aufstieg, ging es mir psychisch immer mieser. Trotz der Tatsache dass ich so viel hatte, hatte ich immer das Gefühl zu wenig zu haben. Und ich hatte auch riesige Angst, dass was ich hatte, verlieren zu können (besonders auch mein Aussehen).

 

Mittlerweile kannte ich auch einige Muslime. Sie waren zwar nicht besonders praktizierend, aber einige Dinge hab ich dennoch vom Islam mitbekommen. Z.B. kein Schweinefleisch, kein Alkohol, der Monotheismus. Das hat mir gefallen. Besonders das Alkoholverbot fand ich absolute Spitzenklasse. Auf das Drängen eines Freundes hin beschäftigte ich mich näher mit dem Islam. Er sagte mir auch, dass wenn ich eines Tages einem Muslim heiraten möchte, ich den Islam annehmen müsste (da ich als konfessionslose keine von den Leuten der Schrift war). Ich kaufte mir eine deutsche Übersetzung des Korans. Hab zwar nicht allzuviel verstanden, aber die Beschreibung der Hölle und des Paradieses und das Gottesbild hat mich schon sehr beeindruckt. Ich dachte mir auch, dass es rein rational gesehen die vernünftigste Entscheidung wäre den Islam anzunehmen. Denn ich sagte mir: "Wenn ich den Islam befolge und sich nach meinem Tod herausstellt, dass der Islam wahr ist, dann wars die richtige Entscheidung. Und falls es sich herausstellen würde, dass der Islam nicht wahr ist, dann hätte ich ja auch nicht viel verloren. Andersrum, wenn ich den Islam nicht befolgen würde und bei meinem Tod müsste ich feststellen, dass er wahr ist, dann... bloss nicht dran denken..." Ich hab also noch nicht konvertiert, aber mich wenigstens mit dem Gedanken vertraut gemacht.

 

Nachdem ich ungewollt wieder solo war machte ich mir Gedanken, wie es mit meiner Zukunft weitergehen sollte. Irgendwann wollte ich ja auch heiraten. Der Islam hatte mich sehr fasziniert. Und da mir klar war, dass ich nie jemanden heiraten würde der Alkohol trinkt (ich fand alleine den Gestank davon so widerlich, igitt) hatte ich ja wenig Auswahl unter den Männern. Nach einem Europäer, der nie trinkt und auch sonst keine Drogen berührt kann man leider lange suchen. Gibt es sicher, aber so wenig. Und was ist dann mit seinen Kollegen ? Dann trinkt er nicht, aber die.. ?? Igitt. Aber unter den Muslimen gibts doch viele die nicht trinken ! Und irgendwie fühlte ich mich vom Islam wie magisch angezogen. Ich wollte mehr über diese Religion lernen, wollte das Gebet lernen, wollte im Ramdan fasten.. So sagte ich mir also, wenn wieder ein Mann, dann ein Muslim. Und zwar einer der betet. Und so habe ich dann meinen Mann gefunden.


Ich bat ihn sofort mir das Gebet beizubringen. Von da an betete ich die fünf täglichen Gebete. Ich fastete im Ramadan. Ass kein Schweinefleisch. Aber ansonsten praktizierte ich kaum was vom Islam. Ich wusste noch nicht einmal, dass man Fleisch aus dem normalen Supermarkt nicht essen darf, da es nicht halal geschlachtet worden ist. Ich fühlte mich viel besser durch den Islam. Leider wusste ich aber noch viel zuwenig über meine neue Religion. Weiterhin ging ich in die Disco, in Bars, ins Strandbad und an andere Orte, wo Muslime eigentlich nichts verloren haben. Wenigstens litt ich nicht mehr unter Bulimie. Dies hatte ich dem Islam zu verdanken, der mich gelernt hatte, dass es im Leben wichtigeres gibt als das Aussehen (so viel hatte ich wenigstens begriffen, obwohl ich mich nicht islamisch kleidete).

 

Dann zogen wir in eine andere Stadt um. Dort lernte ich eine Schwester kennen, die auch konvertiert war. Sie schenkte mir Bücher über den Islam und auch Adressen, wo man solche Bücher - von Muslimen geschrieben - kaufen konnte. Bis dahin hatte ich kein einziges Buch, welches den Islam wirklich erklärt, gelesen. In den Büchereinen gab (und gibt es leider) meist nur Bücher von Nicht-Muslimen. Die meisten davon stellen den Islam falsch und / oder schlecht dar. Was ich vom Islam wusste war bloss das, was mir mein Mann und Bekannte erklärt hatten und was ich vom Quran wusste. Aber den Quran kann man nicht einfach so verstehen ohne Wissen über die Gründe für die Offenbarung der einzelnen Verse und die damalige Situation zu haben. Zudem muss man auch die Sunnah kennen, da sie den Quran ergänzt.

 

Die Schwester gab mir auch den Tip im Internet mehr über den Islam zu lernen. Der Islam im Internet ? Darauf war ich bisher noch nicht gekommen. Für mich öffnete sich damit eine Tür zu einer neuen Welt. So las ich und las ich. Ich war überwältigt zu erfahren wie schön der Islam ist. Die wissenschaftlichen Wunder im Quran, die erstaunliche Sira (Biographie) unseres Propheten Muhammad (Friede und Segen auf ihm), die Ahadith (Überlieferungen des Propheten), die so voller unbeschreiblicher Weisheit und Schönheit sind, die Gesetze des Islams, die bis ins Detail Sinn ergeben. Dieser wundervolle Glaube, der so logisch, so klar, so verständlich, so einfach, so allumfassend, so schön, so pefekt ist. Ein Glaube, der auf Beweisen beruht. Die Wahrheit. Es war, als ob ich diese Religion neu entdecken würde. Als ob man die ganze Zeit einen hübschen Stein zuhause gehabt hätte und ihm nicht besondere Beachtung geschenkt hätte und eines Tages kommt ein Diamantenexperte zu Besuch und sagt dir, dass dieser "Stein" ein wertvoller seltener Diamant ist, mit einem Wert in Millionenhöhe.

Darauf änderte sich vieles in meinem Leben. Ich begann Hijab zu tragen. Ich ass kein Fleisch mehr, welches nicht geschächtet worden ist. Ich hörte keine Musik mehr. Keine Disco mehr, keine Bars, kein Strandbad. Da mein damaliger Arbeitsplatz und der Islam in Konflikt gerieten kündigte ich und fand trotz Hijab und der Tatsache, dass ich mich beim Vorstellungsgespräch geweigert hatte den Vorgesetzten die Hand zu geben schnell eine neue Stelle (innerhalb von 2 Wochen), wo ich erst noch besser verdiente und nicht mehr Schicht arbeiten musste. Und je mehr ich versuchte den Islam zu praktizieren, desto glücklicher wurde ich. Ein unbeschreibliches Gefühl von Wärme, Zufriedenheit und innerer Ruhe kehrte in mein Herz ein. Während früher immer was "laufen" musste, also immer Action (Musik, Freunde, Ausgang usw.) konnte ich nun ganz alleine zuhause sitzen und was lesen und fühlte mich weder einsam noch gelangweilt.

Kein Wunder, dass die kapitalistischen Staaten im Westen solche Propaganda gegen den Islam machen. Was für ein Horror für ihre Umsatzzahlen, wenn die Leute plötzlich zufrieden zuhause rumsitzen würden und alleine Allah gedenken würden, statt ihr letztes Geld im Frustkauf zu verprassen oder sich den siebten Coktail an der Bar zu bestellen, um nicht darüber nachdenken zu müssen, was für ein sinnloses Leben sie doch leben. Der Westen mit seinem Kapitalismus braucht traurige Menschen, die sich zu Sklaven des Konsums machen lassen. Ich bin überglücklich, dass Allah mich aus dieser Sklaverei befreit hat. Ich bin endlich frei. Ich muss nicht mehr der neusten Mode nachrennen. Niemand kann beurteilen, ob mein Körper dem aktuellen Schönheitsideal entspricht oder nicht. Ich werde nicht mehr nach Bodymassindex und Oberweite beurteilt, sondern als Mensch wahrgenommen. Ich bin kein Lustobjekt mehr, welches sich für ein paar billige Komplimente und nette Sprüche am Arbeitsplatz, in der Freizeit und sonst überall entblösst (hier nennen sie das "hübsch anziehen"). Ich brauche nicht mehr unbedingt das passende Sofa, zum passenden Teppich, zum passenden Vorhang. Klar mag ich immer noch schöne Dinge. Das verbietet der Islam auch nicht. Aber früher war ich nie zufrieden mit dem was ich hatte. Immer hatte ich das Gefühl, dass hier noch was fehlt und da noch was anders sein sollte. Das hab ich jetzt kaum noch. Alhamdulillah. Allah hat mir soviel gegeben. Sogar wer hier vom Sozialamt lebt, sich keine Ferien, keinen Fernseher, keinen Ausgang, nur Second-hand-Kleider leisten kann, hat meist einen Lebensstandard, von dem über 70 % der Menschen auf diesem Planeten nur träumen können.

Wie gefangen ich war in diesem Konsumrausch und Schönheitswahn sehe ich erst jetzt, wo ich frei bin. Wie hätte ich es vorher auch erkennen können, wenn man doch erst weiss was Freiheit ist, wenn man sie erlebt hat. Wie die Katze meiner Oma. Die war 9 Jahre lang in einer Wohnung eingesprerrt gewesen. Und als sie zu meiner Oma kam, wollte sie erst gar nicht raus. Die hatte Angst. Man musste sie fast zwingen. Aber als sie sich dann erst einmal überwunden hatte und einige Schritte im Garten gemacht hatte, da genoss sie es richtig und ging von da an täglich raus. Irgendwie fühl ich mich ein bisschen wie diese Katze. Hätte der Islam mir nicht vorgeschrieben mich zu bedecken, würde ich wohl heute noch so entwürdigend rumlaufen (hier nennen sie es "modisch" und "sexy"). Durch die Bedeckung hab ich meine Freiheit erlangt. Niiiiiiiiiiiie wieder möchte ich in die Jahiliyyazeit zurück von der ich gekommen bin.


Ich danke Allah dafür, dass Er mich zur Wahrheit geführt hat. Es gibt nichts Schöneres und Besseres als den Islam !!


Und möge Allahs Segen und Frieden auf dem Gesandten Allahs sein, seiner Familie, seinen Gefährten und allen, die ihm folgen, bis zum Jüngsten Tag.

Eure Schwester Umm Djabir

 

© Die Wahrheit im Herzen

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