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Das Urteil über die Mehrehe und die dahinter stehende Weisheit
#1
Frage (Nr. 14022):

Ich war wirklich überzeugt davon, Muslim zu werden. Aber als ich mehr las und Dinge über die Religion erfuhr, die ich vorher nicht wusste, hat mich einiges gestört. Eines dieser Dinge ist die Polygamie und ich würde gern wissen, wo das im heiligen Qur’ān angesprochen wird. Bitte erklärt mir, wie man auf diese Art leben und bei gesundem Verstand bleiben kann.

Antwort:

Alles Lob gebührt Allāh.

Allāh vollendete Seine Botschaft an die Menschheit mit der islamischen Religion und Er informierte uns darüber, dass Er keine andere Religion als diese akzeptieren wird. Allāh sagt (ungefähre Bedeutung): „Wer aber als Religion etwas anderes als den Islam begehrt, so wird es von ihm nicht angenommen werden, und im Jenseits wird er zu den Verlierern gehören.“ (3:85).

Dein Zurückschrecken vor der islamischen Religion ist als Verlust für dich zu betrachten, ein Verlust der Glückseligkeit, die dich erwarten würde, wenn du dem Islam beitreten würdest. Du solltest dich damit beeilen und vor dem Zögern hüten, denn dieses Zögern kann zu bedauerlichen Konsequenzen führen.

Was du über die Gründe für dein Zurückschrecken erwähnt hast, nämlich die Mehrehe (Polygamie oder Polygynie), möchten wir dir im Zusammenhang mit dem Urteil über die Mehrehe im Islam präsentieren und dann die dahinter stehende Weisheit und den edlen Zweck erläutern.

Das Urteil über die Mehrehe im Islam

Der scharī`ahrechtliche Text, der die Mehrehe gestattet, lautet wie folgt (ungefähre Bedeutung): „Und wenn ihr befürchtet, nicht gerecht hinsichtlich der Waisen zu handeln, dann heiratet, was euch an Frauen gut scheint, zwei, drei oder vier. Wenn ihr aber befürchtet, nicht gerecht zu handeln, dann (nur) eine oder was eure rechte Hand besitzt. Das ist eher geeignet, dass ihr nicht ungerecht seid.“ (4:3).

Dieser qur’ānische Text zeigt, dass die Mehrehe erlaubt ist. Entsprechend der islamischen Scharī`ah ist es einem Mann erlaubt, eine, zwei, drei oder vier Ehefrauen zu heiraten in dem Sinne, dass er diese Anzahl an Ehefrauen zur gleichen Zeit haben darf. Es ist ihm nicht erlaubt, mehr als vier zu heiraten. Dies wurde von den Mufassirūn (Kommentatoren des Qur’ān) bestätigt und von den Fuqahā‘ (Juristen). Es besteht in dieser Angelegenheit ein Konsens unter den Muslimen, ohne abweichende Meinungen.

Es sollte angemerkt werden, dass es für die Mehrehe Bedingungen gibt:

1. Gerechtigkeit

Allāh sagt (ungefähre Bedeutung): „… Wenn ihr aber befürchtet, nicht gerecht zu handeln, dann (nur) eine …“ (4:3).

Diese Āyah zeigt, dass gerechte Behandlung eine Bedingung der Mehrehe ist, damit sie als erlaubt gilt. Wenn ein Mann befürchtet, dass er nicht in der Lage ist, seine Ehefrauen gerecht zu behandeln, wenn er mehr als eine heiratet, dann ist es ihm verboten, mehr als eine Frau zu heiraten. Mit der geforderten Gerechtigkeit zur Erlaubnis für die Mehrehe ist gemeint, dass er seine Ehefrauen gleich behandeln muss hinsichtlich ihrer Versorgung, Kleidung, dem Zusammensein in der Nacht und anderen Dingen, die seiner Kontrolle unterliegen.

Hinsichtlich der Gerechtigkeit bei der Liebe, so wird er dafür nicht zur Rechenschaft gezogen und es wird von ihm nicht verlangt, weil er keine Kontrolle darüber hat. Das besagt auch der folgende Vers (ungefähre Bedeutung): „Und ihr werdet zwischen den Frauen nicht gerecht handeln können, auch wenn ihr danach trachtet.“ (4:129).

2. Die Fähigkeit, die Ehefrauen zu versorgen

Der Beweis für diese Bedingung ist in folgendem Vers zu finden (ungefähre Bedeutung): „Diejenigen, die keine (Möglichkeit zum) Heirat(en) finden, sollen keusch bleiben, bis Allāh sie durch Seine Huld reich macht.“ (24:33).

In diesem Vers befiehlt Allāh denjenigen, die heiraten können, aber nicht die finanziellen Mittel dazu finden, keusch zu bleiben. Ein Beispiel dafür ist es, wenn man nicht genug Geld hat, um die Mahr (Brautgabe) zu bezahlen, und wenn man nicht für die Ehefrau aufkommen kann. (al-Mufassal fi Ahkām al-Mar`ah, Teil 6, S. 286)

Die Weisheit hinter der Erlaubnis zur Mehrehe

1. Die Mehrehe hilft, die Größe der Ummah (der muslimischen Gemeinschaft) zu steigern. Es ist bekannt, dass die Anzahl nur durch die Ehe gesteigert werden kann und die Anzahl der durch eine Mehrehe erreichten Nachkommen ist größer als die durch eine einfache Ehe erreichte.

Der intelligente Mensch weiß, dass eine Steigerung der Anzahl an Nachkommen die Ummah stärkt und die Menge ihrer Arbeiter steigert, wodurch der wirtschaftliche Standard erhöht wird, wenn die Führer die Angelegenheiten des Staates gut leiten und seine Ressourcen auf angemessene Weise nutzen. Ignoriert die Behauptungen derjenigen, die sagen, dass eine Steigerung der Menschenzahl eine Gefahr darstellt für die Ressourcen der Erde, welche nicht ausreichen würden, denn Allāh, der Allweise, der die Mehrehe empfohlen hat, hat Seinen Dienern die Versorgung zugesichert, und Er hat auf der Erde mehr erschaffen, als sie benötigen. Welcher Mangel auch immer vorhanden ist, er ist auf ungerechte Regierungen, Behörden und Einzelpersonen zurückzuführen sowie auf schlechtes Management. Man kann beispielsweise auf China schauen, der größten Nation auf Erden was die Anzahl der Einwohner anbelangt, und eine der stärksten Nationen der Welt, sodass andere Staaten es sich zweimal überlegen, ob sie die Chinesen verärgern oder nicht. Auch ist es eine der großen Industrienationen. Wer also würde es wagen, China anzugreifen? Und warum ist das so?

2. Statistiken zeigen, dass die Anzahl der Frauen die der Männer übersteigt. Wenn jeder Mann nur eine Frau heiratet, dann würden einige Frauen ohne Ehemann verbleiben, was sowohl für sie als auch für die Gesellschaft negative Auswirkungen hätte:

Die Frau würde niemals einen Ehemann finden, der sich um ihre Interessen sorgt, ihr ein Zuhause bietet, für sie aufkommt, sie vor verbotenen Begierden schützt und mit ihr Kinder zeugt, die sie erfreuen. Das Ganze führt zu Abweichung und Irrungen, außer bei jenen, denen Allāh barmherzig ist.

Was die schädlichen Auswirkungen für die Gesellschaft anbelangt, so ist bekannt, dass die Frau ohne Ehemann vom rechten Weg abkommen und dem Weg der Unzucht folgen könnte. Sie mag also der Unzucht und Prostitution verfallen – möge Allāh uns bewahren und schützen – was zur Verbreitung von Unmoral und fatalen Krankheiten wie AIDS und anderen ansteckenden Desastern führt, für die es keine Heilung gibt. Auch zerstört es Familien und verursacht die Geburt von Kindern, deren Identität unbekannt ist und die ihre Väter nicht kennen.

Diese Kinder haben niemanden, der ihnen Mitgefühl zeigt, und sie haben keinen Mann, der sie angemessen aufzieht. Wenn sie in die Welt ausziehen und die Wahrheit darüber herausfinden, dass sie außerehelich gezeugt wurden, spiegelt sich dies in ihrem Verhalten wider und sie sind dem Irrweg ausgesetzt. Sie hegen möglicherweise einen Groll gegen die Gesellschaft, wer weiß das schon. So werden sie zum Mittel der Zerstörung ihres Landes, Führer aufrührerischer Banden, wie es bei vielen Völkern der Welt der Fall ist.

3. Männer sind vermehrt Vorfällen ausgesetzt, die ihrem Leben ein Ende setzen können, denn sie arbeiten in gefährlichen Berufen. Sie sind beispielsweise Soldaten, die in der Schlacht kämpfen, wo mehr Männer sterben als Frauen. Dies ist einer der Gründe, die den Prozentsatz an unverheirateten Frauen hebt, und die einzige Lösung ist die Mehrehe.

4. Es gibt einige Männer, die ein starkes körperliches Verlangen besitzen und für die eine Ehefrau nicht genügt. Wird für einen solchen Mann die Tür geschlossen und ihm wird gesagt, dass er nicht mehr als eine Frau heiraten darf, dann wird ihm dies großes Leid verursachen und seine Lust wird einen Ausweg auf verbotenem Wege suchen.

Zusätzlich dazu hat eine Frau jeden Monat ihre Menstruation und wenn sie ein Kind gebärt, hat sie für 40 Tage eine Blutung (diese wird auf Arabisch „Nifās“ genannt). Zu dieser Zeit kann sie keinen Geschlechtsverkehr mit ihrem Mann ausüben, denn der Geschlechtsverkehr ist zur Zeit der Menstruation und des Nifās verboten. Der Schaden, der dadurch verursacht werden kann, ist medizinisch bewiesen. Deshalb ist die Mehrehe gestattet, wenn der Mann gerecht ist.

5. Die Mehrehe existiert nicht nur in der islamischen Religion, sondern sie war bereits unter früheren Völkern bekannt. Einige der Propheten waren mit mehr als einer Frau verheiratet. Der Prophet Allāhs, Sulaymān (Salomon) hatte 90 Ehefrauen. Zur Zeit des Propheten (Allāhs Frieden und Segen seien auf ihm) gab es einige Männer, die Muslime wurden und 5 oder 8 Ehefrauen hatten. Der Prophet (Allāhs Frieden und Segen seien auf ihm) wies sie an, vier Ehefrauen zu behalten und sich von dem Rest zu trennen.

6. Eine Ehefrau kann unfruchtbar sein oder sie erfüllt nicht die Bedürfnisse ihres Ehemannes oder er kann keinen Geschlechtsverkehr mit ihr haben, weil sie krank ist. Der Mann kann sich danach sehnen, Kinder zu haben, was ein legitimer Wunsch ist, und er kann ein geregeltes Sexualleben innerhalb seiner Ehe begehren, was erlaubt ist, und die einzige Möglichkeit besteht darin, eine weitere Frau zu heiraten. Es ist nur fair für die Frau, darin übereinzukommen, seine Ehefrau zu bleiben und ihm zu gestatten, noch eine andere zu heiraten.

7. Eine Frau kann eine Verwandte des Mannes sein und niemanden haben, der nach ihr sieht, und sie ist unverheiratet oder verwitwet und der Mann könnte denken, dass es das Beste für sie ist, sich seinem Haushalt anzuschließen, als Ehefrau gemeinsam mit seiner ersten Frau, sodass er für sie aufkommt und sie keusch bleiben kann. Das ist besser für sie als sie allein zu lassen und nur für sie zu spenden.

8. Es gibt weitere scharī`ahrechtliche Interessen, die nach der Mehrehe verlangen, wie z. B. die Stärkung der Beziehungen zwischen Familien oder zwischen einem Führer und einigen seiner Leute oder einer Gruppierung, von denen er glaubt, dass er mit ihnen durch eine Heirat eng verbunden werden könnte, selbst wenn es durch eine Mehrehe ist.

Einwände

Manche Leute könnten Einwände erheben und sagen, dass durch die Mehrehe Nebenfrauen in einem einzigen Haus sind und dass sie miteinander streiten und Feindschaft zwischen ihnen entsteht, die auch Auswirkungen auf den Ehemann hat, auf Kinder und andere, und dies ist schädlich für alle und sollte vermieden werden, indem die Mehrehe verboten wird.

Die Antwort darauf lautet: Familienstreitigkeiten entstehen auch dann, wenn es nur eine Frau gibt, und sie können ausbleiben, selbst wenn es mehr als eine Frau gibt, wie wir im realen Leben sehen. Selbst wenn wir annehmen, dass es mehr Streitigkeiten gäbe als in einer Ehe mit nur einer Frau, selbst wenn wir akzeptierten, dass dies schädlich und schlecht ist, so wird der Schaden doch von den vielen Vorzügen der Mehrehe überwogen. Das Leben ist nicht ausschließlich schlecht oder ausschließlich gut, doch jeder hofft, dass das Gute das Schlechte überwiegt, und dieses Prinzip ist es, das auf die Erlaubnis der Mehrehe zutrifft.

Weiterhin hat jede Ehefrau das Recht auf ihre eigene, separate Unterkunft, wie es im Islam vorgeschrieben ist. Es ist dem Ehemann nicht gestattet, seine Ehefrauen dazu zu zwingen, zusammen in einem Haus zu leben.

Ein weiterer Einwand:

Wenn wir es Männern erlauben, mehrere Ehefrauen zu haben, warum dürfen Frauen dann nicht mehrere Ehemänner haben? Warum hat die Frau nicht das Recht, mehr als einen Mann zu heiraten?

Die Antwort darauf lautet: Es gibt keinen Grund, einer Frau das Recht auf mehrere Ehemänner zu gewähren, vielmehr ist dies unter ihrer Würde. Außerdem würde sie nicht die Abstammungslinie ihrer Kinder kennen, denn sie ist diejenige, die die Nachkommen zur Welt bringt, und es ist nicht erlaubt, die Nachkommenschaft aus den Samen verschiedener Männer hervorzubringen, damit die Abstammungslinie des Kindes nicht verloren geht und niemand mehr weiß, wer für seine Erziehung verantwortlich ist. Dies würde zur Zerstörung der Familien führen, zu einem Verlust der Beziehung zwischen Vater und Kind, was im Islam nicht erlaubt ist und es steht auch nicht im Interesse der Frau, des Kindes oder der Gesellschaft insgesamt.

Al-Mufassal fi Ahkām al-Mar`ah, Teil 6, S. 290

Islam Q&A
Scheikh Muhammad Salih al-Munajjid
  


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